ESS Ladeleistung schwankt massiv | System schwingt zwischen Akkuladung und Netzeinspeisung

Hallo liebe Community,

ich wende mich an euch, da ich ein Problem mit meinem Victron ESS habe, bei dem ich einfach nicht weiterkomme. Anstatt meinen Akku bei PV-Überschuss konstant zu laden, schwankt die Ladeleistung extrem stark. Das System schaukelt sich quasi zwischen der Batterieladung und der Netzeinspeisung hin und her.

Mein Systemaufbau:

  • ESS-Zentrale: 3 x Victron Multiplus 5000 im 3-Phasen-Verbund
  • Batterie: 32 kWh LiFePO4 Akku (JKBMS)
  • PV-Anlage:
    • 2 x 3-phasige Wechselrichter
    • 2 x 1-phasige Wechselrichter (beide auf Phase L1 angeschlossen)
  • Energiemessung:
    • Grid-Meter: Carlo Gavazzi EM24 Ethernet
    • PV-Meter: Carlo Gavazzi EM24 Ethernet zur Erfassung aller PV-Wechselrichter
  • Konfiguration: Die Anlage ist netzparallel aufgebaut. Es sind keine kritischen Verbraucher am AC-Out der Multiplus angeschlossen.

Problembeschreibung & Video-Analyse:

Bei ausreichendem PV-Überschuss sollte das System den Akku mit der maximal möglichen Leistung laden, bis dieser voll ist. Stattdessen beobachte ich folgendes Verhalten, das auch im angehängten Video gut zu sehen ist:

  • Stabiler PV-Ertrag: Die PV-Wechselrichter liefern konstant eine hohe Leistung, im Video sind es durchgehend ca. 6500 W.
  • Akku nicht voll: Der Ladezustand des Akkus (SoC) liegt bei nur ca. 67.5 % und könnte problemlos geladen werden.
  • Massiv schwankende Ladeleistung: Anstatt konstant zu laden, springt die Ladeleistung (“Aufladen”) im Sekundentakt wild hin und her. Ich sehe Werte, die von wenigen hundert Watt (z.B. 753 W) bis zu über 5 kW (z.B. 5580 W) schwanken.
  • Gleichzeitige Netzeinspeisung: Während die Ladeleistung einbricht, speist das System erhebliche Leistung ins Netz ein (“Netz”). Im Video sind das oft zwischen -1500 W und -3000 W.

Es wirkt so, als ob der Regelalgorithmus des ESS instabil ist. Er versucht, den Netzpunkt auf 0 W zu regeln, übersteuert dabei aber permanent. Er startet die Ladung, regelt zu stark, stoppt die Ladung, speist dadurch ins Netz ein, korrigiert wieder, und der Zyklus beginnt von vorn.

Meine Frage:

Hat jemand eine Idee, wo die Ursache für dieses “Schwingen” liegen könnte? Gibt es bestimmte Einstellungen im ESS, die besonders anfällig für so ein Verhalten sind? Mögliche Ansatzpunkte wären aus meiner Sicht:

  • Konfiguration der Energiezähler (EM24)?
  • Einstellungen zur Phasen-Kompensation?
  • Kommunikationsproblem zwischen den Komponenten?

Ich bin für jeden Tipp und jede Hilfestellung sehr dankbar!

Vielen Dank im Voraus!

Maybe following information can be of any help, The EM24 transmits every 750ms data to the Victron system. A EM540 transmits every 100ms. You could try using a EM540 in order to stabilize the regulation algorithm. Can Victron assist you on this issue ?

Vielleicht das bekannte Problem mit dem wackler in der Brücke am Anschluss für den externen stromsensor am Multi.
Dort mal nachziehen reinigen…. Entweder klinkenbuchse oder beim neueren Modell die „Steckbrücke“

hallo,
du hast auf jeden fall ein problem mit deiner installation. zum einen solltest du die beiden einphasigen pv-wechselrichter auf 2 phasen verteilen. zum anderen ist die verteilung der pv-leistung auf die verschiedenen phasen stark unsymetrisch und der multi kann auch keine 4,7 kW ladeleistung liefern!

mit 53,45V ist die akkuspannung auch schon sehr hoch fuer einen soc von 67%. deshalb vermute ich mal, dass an den starken schwankungen warscheinlich dein bms schuld ist, weil die akkus nicht ausbalanciert sind. schau die mal die min- und max-zellspannung an. wenn die max ueber 3,4V liegt und die min darunter, dann duerfte das dein problem sein.

begrenz einmal die ladespannung ueber dvcc auf 54V oder auch etwas weniger und wenn die mit einer stabilen ladeleistung erreicht ist, kannst du sie langsam auf 56V erhoehen.

ein system beginnt nur dann zu schwingen, wenn es zu schnell auf aenderungen reagiert, der regelkreis selbst aber langsamer reagiert oder das system staendig gestoert wird, weil z.B. das bms staendig die ladestrombegrenzung oder ladespannungsbegrenzung aendert.

tschuess

Hallo, die Brücken habe ich bei mir Gestern Abend alle ersetzt, bisher sieht das System Stabile aus. Allerdings habe ich noch nicht die volle Solarleistung.

Dein L3 bei den Loads zeigt ziemlich oft 0.

Das ist ein Zeichen dafür, dass die Summe aller “Messgrößen” (Solar L3, Grid L3, Multi L3) hier einen negativen Wert errechnet und dann 0 angezeigt wird. (Deine Loads produzieren ja keinen Strom)

In Summe ist hier also “Mehr Leistung” tatsächlich da, als rechnerisch sein sollte. Das kann das balancing des Grid-Setpoints erheblich stören.

Prüfe mal all deine Anschlüsse durch, häufigste Ursache ist, dass irgendwo 2 Phasen vertauscht sind, und damit die Messwerte nicht sauber korrelieren.

Hallo zusammen,

ich möchte mich bei allen für die großartige Unterstützung und die vielen hilfreichen Ratschläge bedanken. Das Problem ist nun vollständig gelöst, und die Anlage läuft auch unter voller PV-Last absolut stabil.

Wie versprochen, hier ein Abschlussbericht über den gesamten Prozess der Fehlersuche, der für andere mit ähnlichen Problemen hoffentlich hilfreich ist.


1. Das Ausgangsproblem

Meine Anlage (3x Multiplus, 32 kWh Akku) zeigte bei hohem PV-Überschuss ein extremes Schwingen. Anstatt den Akku konstant zu laden, pendelte die Leistung im Sekundentakt zwischen hoher Batterieladung und starker Netzeinspeisung hin und her, obwohl der Akku nicht voll war.


2. Die Fehlersuche – Ein Prozess in mehreren Schritten

Die Fehlersuche war ein schrittweiser Prozess, bei dem die verschiedenen Vorschläge aus dem Forum nacheinander geprüft wurden:

Phase 1: Die naheliegenden Hardware-Checks

Der erste konkrete Hinweis kam von dennibu, der auf das bekannte Problem mit der Steckbrücke bzw. dem Kontakt am “Current Sense”-Anschluss der MultiPlus-Geräte hinwies.

  • Aktion: Diesen Hinweis habe ich als Erstes verfolgt und die entsprechenden Brücken bei allen drei Geräten erneuert.
  • Ergebnis: Wie ich im Post von friso.kegel schrieb, schien das System danach zunächst stabiler zu sein. Unter geringer Last war das Problem auch weg, kehrte aber bei hoher PV-Leistung wieder zurück. Es war also eine Verbesserung, aber noch nicht die endgültige Lösung.

Phase 2: Analyse der Software, Regelung und des BMS

In dieser Phase kamen mehrere sehr gute theoretische Ansätze hinzu:

  • molenman wies auf die unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten von Energiezählern (EM24 vs. EM540) hin, was die Stabilität des Regelkreises beeinflussen kann.
  • dognose von Victron bemerkte eine Anomalie in den angezeigten Werten von L3, was auf einen Verdrahtungsfehler (vertauschte Phasen) hindeuten könnte.
  • Dieter Ferdinand lieferte eine sehr detaillierte Analyse und vermutete das Problem beim BMS aufgrund einer Zellen-Imbalance. Seine Beobachtung, dass die Akkuspannung für den Ladezustand recht hoch sei, war der entscheidende Anstoß für die tiefere Prüfung.

Aktion: Angeregt durch Dieters Beitrag, habe ich mir die Live-Werte des BMS genauer angesehen und festgestellt:

  1. Der vom BMS übermittelte maximale Ladestrom (CCL) sprang wild hin und her.
  2. Es gab eine massive Imbalance zwischen den Zellen. Eine Zelle (Zelle 9) hatte eine viel höhere Spannung als alle anderen.

Zunächst sah alles nach einer defekten Zelle aus, die das BMS zum Eingreifen zwingt.


3. Der Durchbruch: Die wahre Ursache

Beim Betrachten der “defekten” Zelle 9 fiel mir ein entscheidendes Detail meiner Installation wieder ein:
Der Akkupack ist aus 2x8 Zellen aufgebaut. Der Übergang von Zelle 8 zu Zelle 9 wurde nicht mit den originalen, massiven Zellverbindern des Herstellers realisiert, sondern mit einer selbstgebauten Verbindung aus Kabel und Pressverbindern.

Die finale Ursache war:
Diese selbstgebaute Kabelbrücke hatte einen höheren elektrischen Widerstand als die originalen Verbinder. Wenn ein hoher Ladestrom durch diese Verbindung floss, erzeugte dieser Widerstand einen deutlichen Spannungsabfall direkt am Verbinder. Das BMS hat diesen Spannungsabfall fälschlicherweise zur echten Spannung von Zelle 9 hinzuaddiert und bekam so einen viel zu hohen, falschen Messwert. Dieser “Phantom-Spannungswert” ließ das BMS glauben, Zelle 9 sei kurz vor der Überspannung, woraufhin es den Ladevorgang sofort stoppte. Das war die Ursache für das gesamte Schwingen.


4. Die Lösung

Die endgültige Lösung war, diese selbstgebaute Kabelbrücke zwischen Zelle 8 und 9 zu erneuern und durch eine möglichst niederohmige Verbindung zu ersetzen. Nach dem Austausch und der sauberen Neuverbindung der BMS-Kabel wurde die Spannung von Zelle 9 sofort korrekt und ohne Abweichung gemessen.

5. Das Ergebnis

Nach der Reparatur der Verbindung ist das System nun auch unter voller PV-Last heute Vormittag absolut stabil. Die Ladeleistung wird konstant gehalten, es gibt keine Sprünge und keine unerwünschte Netzeinspeisung mehr.

Vielen Dank an alle für die wertvollen Hinweise! Auch wenn die finale Ursache sehr spezifisch war, hat mich jeder einzelne Beitrag zum Nachdenken und zum schrittweisen Eingrenzen des Problems gebracht.

Beste Grüße

2 Likes

hallo,
wenn ich einen akku zusammenbaue, messe ich immer den uebergangswiderstand zwischen den zellen und wenn da eine abweichung von mehr als 20% ist, wird die verbindung nochmal gereinigt und neu angeschraubt. das hat bisher immer geholfen. manchmal hilft es auch, wenn man die schraube etwas fester anzieht.

das gleiche mache ich auch mit den kabelverbindungen, so dass ich wirklich nur den kabelwiderstand messe und keinen nennenswerten uebergangswiderstand zwischen pol und kabelschuh.

kostet zwar etwas zeit, beugt aber aerger mit sowas wie bei dir vor!

fuer die alu-pole gibt es uebrigends ein reinigungsgel, von dem braucht man nur ganz wenig pro pol und dann gruendlich abreiben. es verhindert auch eine erneute oxidation. es darf nur nicht zuviel auf dem pol zurueckbleiben, sonst geht der widerstand wieder stark hoch.

tschuess